Fuer viele aussenstehende Stellen sind unsere Haeuser schwer
einzuordnen.
Im
persoenlichen Kontakt werden oftmals Vorurteile verbalisiert. Ueber
Kritik sind wir froh, denn sie bietet uns die Chance, Stellung zu
beziehen
und von unserer Realitaet, den Wegen mit und aus der Sucht hinaus
zu
berichten.
Vor-Urteil
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Unsere Realitaet
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| "Ihr
seid doch nur eine Trinkhalle mit Uebernachtungsmoeglichkeit"
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Ja, das
ist das gaengige Vorteil, da wir suechtige Menschen beherbergen. Doch
wir sind keine Trinkhalle mit Uebernachtungsmoeglichkeit. Wir bieten
suchtkranken Menschen ein neues
Zuhause.
Wir akzeptieren, dass diese Menschen in dieser speziellen Situation
sich einem Entzug weder koerperlich noch psychisch gewachsen
fuehlen,
ihnen die seelische Bereitschaft dazu fehlt. Ohne diese Bereitschaft
ist
ein Entzug jedoch nicht moeglich. Mit Sucht gibt es allerdings fuer
unser
Klientel kaum Moeglichkeiten, beherbergt zu werden. Merkur e.V.
Berlin
fuer soziale Arbeit bietet mit Haus Sophie und Haus Teresa
suchtkranken
Menschen ein neues Zuhause. Wir nehmen suchtkranke Menschen auf,
akzeptieren ihre Sucht, ohne sie zu forcieren.
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| "Aha,
Ihr akzeptiert Sucht, aber forciert sie nicht. Kommt es nicht auf
dasselbe raus?"
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So mag
sich das oberflaechlich betrachtet darstellen. Wenn man es in der
Praxis umsetzt, bedeutet Sucht zu akzeptieren nicht, sinn-losen
Missbrauch zu tolerieren. Wir haben Regeln fuer das Zusammenleben -
eine
Regel ist, dass Alkohol in geringen Mengen geduldet wird, um
Entzugserscheinungen zu vermeiden.
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| "Was
heisst Alkohol in Massen? Ist das kontrolliertes Trinken?
Koennt
Ihr das ueberhaupt gewaehrleisten?"
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Beschraenkter
Alkoholkonsum und kontrolliertes Trinken sind nicht dasselbe. Der
Begriff
"kontrolliertes Trinken" wurde 1968 von Reinert und Bowen gepraegt.
Nach
Definition muss derjenige, der kontrolliert trinkt,
"sorgfaeltig und sogar zwanghaft die Zeit, den Ort und die
Umstaende
seines Trinkens vorbestimmen, und er muss rigide die Trinkmenge
begrenzen" Im Anschluss an diese Umschreibung von Reinert und
Bowen laesst sich "kontrolliertes Trinken" wie folgt definieren:
Von
kontrolliertem Trinken ist dann zu sprechen, wenn jemand sein
Trinkverhalten an einem zuvor festgelegten Trinkplan bzw. Trinkregeln
ausrichtet. Einen derartigen Trinkplan koennen wir gar nicht
realisieren.
Unser Personal ist geschult - i.d. R. durch Studium psychologisch und
paedagogisch gebildet - aber wir bieten keine therapeutische
Begleitung
an.
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| "Okay,
also kein kontrolliertes Trinken, aber wie koennt Ihr dann den
Alkoholkonsum der Bewohner in Massen halten?"
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Nun,
hier werden mehrere Faktoren individuell kombiniert.
Viele unserer Bewohner befinden sich unter amtlicher Betreuung. In
Absprache mit dem Betreuer wird Taschengeld zugeteilt.
Einkaeufe wie
zum
Beispiel Hygiene-Produkte, Bekleidung, Gegenstaende des
taeglichen
Bedarfs werden i.d. Regel von der Pflege uebernommen. Der Bewohner
erhaelt somit sein Taschengeld fuer den Kauf von Genussmitteln
wie
Suessigkeiten, Alkohol und Zigaretten. Indem man die taegliche
Auszahlung
in geringer Hoehe haelt, nimmt man auch Einfluss auf die Menge
des
Konsums.
Darueber hinaus greifen viele Alkoholiker zur Flasche, weil sie sich
mit
ihrem Alltag und seinen Anforderungen ueberfordert fuehlen. In
den
Haeusern von Merkur e. V. Berlin fuer soziale Arbeit arbeiten
insgesamt
sechs Sozialbetreuer, von denen einige ein qualifiziertes
Hochschulstudium aufweisen. Die Bewohner finden durch diese
Ansprechpartner Unterstuetzung in Problemsituationen. Ob es sich
nun um
Antragstellungen handelt, Probleme mit den Lebensgefaehrten,
unbewaeltigte Probleme aus der Vergangenheit. Der allein wohnende
Alkoholiker meidet oftmals Konfliktsituationen (wie zum Beispiel das
Oeffnen von bedrohlich wirkenden Amtsschreiben) und ruft dadurch
noch
groessere Probleme hervor. Diese wiederum forcieren das
Fluchtverhalten
und den Griff zur Flasche. Durch unsere Sozialbetreuer werden
bestehende Probleme (fehlende Leistung, Schulden) abgebaut und das
Entstehen neuer vermieden. Somit faellt der Druck weg, der auf
den
oftmals mit seinem Leben ueberforderten alleinlebenden Alkoholiker
lastet. Durch die Entlastung wird das Beduerfnis
unverhaeltnismaessig
zu
trinken, "sich weg zu machen" zuweilen erheblich reduziert.
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| "Das
heisst, Ihr entlastet die suchtkranken Menschen derartig, dass sie
nicht
mehr "suechtig sein muessen" "?
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Ja
und nein. Sucht ist etwas sehr komplexes. Zum einen kommen hier sehr
alte, nicht aufgearbeitete Verletzungen zum Tragen, die nur
psychologische Experten und nicht wir heilen koennen. Zum
anderen ist auch Sucht zu grossen Teilen ein antrainiertes Verhalten.
Wer 30 Jahre lang trinkt, fuer den ist der Griff zur Flasche
Gewohnheit.
Wie schwer es ist, mit Gewohnheiten aufzuhoeren, weiss jeder, der
umgezogen ist und in der neuen Wohnung noch nach den Lichtschaltern
der
alten greift. Auch hinterlaesst eine langjaehrige Sucht
Spuren an
Seele, Geist und Koerper. Spuren, die schwaechen und die Kraft
reduzieren, die es braucht, um einen Entzug durchzustehen. Unser Ziel
jedoch ist es, den Menschen anzunehmen, wie er ist, ihn zu entlasten,
ihn im Alltag zu stabilisieren. Viele unserer Bewohner haben viele
Jahre bevor sie zu uns kamen in einer Nebelzone gelebt. Sie haben
aufgrund ihrer Sucht oft Arbeit, Familie, die Wohnung und oftmals das
Gefuehl von Wuerde verloren. Wir geben unseren Bewohnern das
Gefuehl
von
Wuerde zurueck, indem wir sie ernst nehmen, uns Zeit fuer
sie nehmen
und
sie mit ihrer Krankheit respektieren.
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| Ihr
gebt Ihnen also Wuerde zurueck und deswegen hoeren sie auf
zu trinken?
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...wie
gesagt, Sucht ist wie ein Bild, welches aus vielen Farben gemalt
wurde. Eine Erkrankung mit vielen Aspekten, die nur von Fachpersonal
behandelt und ausgeheilt werden kann. Das koennen wir nicht
gewaehrleisten, aber wir koennen Missbrauch, sozialen Abstieg,
Vereinsamung und Verwahrlosung verhindern und an ihre Stelle
Sicherheit, Geborgenheit, Vertrauen und Gemeinschaft setzen.
.
Wir koennen und wollen den Bewohnern ein menschenwuerdiges und
respektvolles Dasein mit reduziertem Alkoholgebrauch nahelegen, sie
wiederholt auf die Folgen von Alkoholmissbrauch aufmerksam machen und
ihnen Wege mit, aber auch aus der Sucht aufzeigen. Und genau das
gelingt uns.
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| "Ihr zeigt
also Weg auch aus der Sucht auf? Wie kann das funktionieren, wenn
weiterhin Alkohol konsumiert wird?"
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Ein
Alkoholiker ist nicht gleichzusetzen mit einem besinnungslos
Betrunkenen. Fuer ihn ist der Alkohol so etwas wie ein
Krueckstock, um seinen Weg sicherer zu gehen. In diesem Falle ein
Krueckstock, der auch zum Stolperstein werden kann.
Die Sozialbetreuer bauen zu ihren Bewohnern ein enges
Vertrauensverhaeltnis auf. Innerhalb dieses
Vertrauensverhaeltnisses ist sehr wohl moeglich auf die
Folgen
von fortgeschrittenen Alkoholmissbrauch aufmerksam zu machen und
dafuer zu sensibilisieren. Viele der Erkrankten hatten bevor sie
nach Haus "Sophie" oder Haus "Teresa" kamen, ihre Existenz, ihre
Wuerde, damit Hoffnung und Perspektive verloren. Das alles kann man
auf einem Nenner als "den Glauben an sich selber verloren" bezeichnen.
Innerhalb der persoenlichen Gespraeche, aber auch in der
Gemeinschaft des Vereines, der Kollegen und aller Bewohner kann das
Vertrauen in sich selbst und auch andere langsam wieder aufgebaut
werden.
Die Folgen sind individuell unterschiedlich und haengen
natuerlich von der Konstitution des Bewohners ab.
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| "Und wie
sehen diese "unterschiedlichen Folgen" in der Praxis aus?"
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Okay, ich
nehme Beispiele.
Ein Anruf aus dem Krankenhaus erfolgt. Ein 67jaehriger Obdachloser
wurde besinnungslos und mit Lungenentzuendung aufgegriffen. Nun
soll er entlassen werden, aber er hat keine Familie, keine Wohnung. Ein
Pflegeheim wuerde ihn nicht nehmen, weil er latent aggressiv ist,
zu verbalen Aussetzern neigt, sich strikt weigert, zu waschen, keine
Menschen in seiner Naehe/ mit ihm in einem Zimmer duldet und
Alkohol konsumiert. Bei uns findet er ein neues Zuhause.
Der zustaendige Sozialarbeiter nimmt sich seiner an. Zunaechst
wird er polizeilich angemeldet, Leistung beantragt, die medizinische
Versorgung durch den Hausarzt und das Krankenpflegepersonal vor Ort
sicher gestellt. In Gespraechen wird nun langsam und vorsichtig
Vertrauen aufgebaut. Durch eine taegliche Taschengeldauszahlung
ist
gewaehrleistet, dass der Bewohner durchaus in einem
aufnahmefaehigen Zustand ist. Auch im Haus ist der Bewohner
aggressiv, weigert sich strikt zu duschen... immer wieder faellt er
auf durch verbale Ausfaelligkeiten, wie aus dem Nichts faengt
er an zu schimpfen....und irgendwann... erzaehlt er.... dass
seine Mutter frueh verstarb, sein Vater Alkoholiker und mit den
drei kleinen Soehnen ueberfordert war. Die Launen des Vaters,
dem alles ueber den Kopf wuchs, kuendigten sich mit
Tuerenschlagen an.
In der nahen Zusammenarbeit faellt mit dieser
Hintergrundinformation auf, dass die verbalen Aussetzer des Bewohners
keineswegs impulsiv erfolgen, sondern Reaktion sind auf zugeschlagene
Tueren. Seine ueber viele Jahre antrainierte Re-Aktion ist es,
gegen seine Angst "anzuschimpfen"... eine Angst, die nach
vielen Jahren tief verwurzelt ist. Leichter ist es, ihm
Kopfhoerer zu organisieren, damit er tagsueber seine Musik
lauter kann und das in einem so grossen Haus unvermeidbare
Tuerenschlagen nicht zu hoeren braucht. Fuer den ruhigen Schlaf
sorgt Ohropax. Der Bewohner wird ruhiger, er wird zutraulicher und in
einigen Gespraechen spaeter erzaehlt er erneut von dem ueberforderten
Vater, der seine Soehne blutig schlug, oder sie ueber Nacht in ein
unbeheiztes Bad stellte und die eiskalte Dusche
Stundenlang laufen liess. Mit diesem
Knotenpunkt ist geklaert, warum der Bewohner sich weigerte, sich zu
waschen. Langsam wird Vertrauen auf- und die Angst vor Wasser
abgebaut. Der hospitalisiert wirkende Bewohner hat Vertrauen
gefasst. Er verbalisiert zum ersten Male in seinem Leben fuehle er
sich wohl und sicher. Mit der Zeit wird er motiviert, kleinere Aufgaben
zu uebernehmen. Im Fruehling hilft er dem Gaertner Blumen
pflanzen, Unkraut jaeten. Im Herbst dem Hausmeister, Laub
zusammenkehren. Zum ersten Male seit 42 Jahren war er beim Zahnarzt,
hat mittlerweile eine Zahnprothese, kann wieder und gerne essen. In
Begleitung des Sozialbetreuers nutzte er das kostenlose Angebot
einer
Frisoese, die einmal im Monat kostenlos Haar- und Bartschnitt
anbietet. Nachdem die langen verfilzten Haare und der struppige Bart
entfernt sind kommt das liebenswerte Gesicht eines aelteren Herren
zum Vorschein. Ja, er trinkt noch. Taeglich drei Flaschen Bier. Er
sagt, er sei Alkoholiker. Er sagt desweiteren, sein Leben war noch nie
so schoen.
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| "Die Geschichte ist fingiert!"
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Das mag so
scheinen, doch ich erzaehle von Norbert S. Er ist aufgrund
seiner "Menschen-Phobie" in einem Einzelzimmer untergebracht, dennoch
hat er seine Angst vor Menschen in fuer ihn grossen Teilen ueberwunden.
Es ist der nette aeltere Herr, der in unserem
Aufenthaltsraum ganz am Eingang sitzt, den langen Gang hinunterblickt,
damit er neu Ankoemmlinge direkt mit einem Handzeichen
begruessen kann. Er ist noch immer scheu, aber in
Unterstuetzung mit den Kollegen von Merkur e.V. Berlin fuer
soziale Arbeit hat er gelernt, wieder am Leben teilzunehmen und
Naehe zuzulassen. Er hat Schulden, er braucht viel Raum fuer
sich, er braucht Selbststaendigkeit, dabei Halt und
Unterstuetzung. Er ist bei
uns "goldrichtig". |
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| "Gut,
dieser Bewohner mag
bei Euch richtig sein, aber was mit jenen, die im Krankenhaus sind und
dort ausdruecklich verbalisieren, sie moechten woanders
untergebracht werden?"
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Das ist so
eine
Sache... Der Alkoholiker waere kein Alkoholiker, waere
seine Psyche stabil. Dazu kommt, das den wenigstens die Erkenntnis
gegeben ist, Alkoholiker zu sein. Nun kommt also der Alkoholiker aus
seiner vertrauten in eine fremde Umgebung - das Krankenhaus. Aus seiner
gewohnten Umgebung gerissen, ohne vertraute Ansprechpartner, macht sich
oftmals ein Gefuehl von Hilflosigkeit breit. Die oft labilen
Patienten fuehlen sich aufgrund ihrer Sucht oftmals als Menschen
der Gueteklasse C. Wird nun ein Patient darauf angesprochen, ob er
denn wirklich zu den Alkoholikern zurueckwolle, wird er mit fast
100%tiger Sicherheit antworten: "Nein".
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| "Ja, aber
das ist doch
eine prima Voraussetzung fuer einen Entzug, oder um aus dem Mileu
rauszukommen?"
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Das waere
schoen, wenn es so einfach waere. Leider ist Sucht um ein Vielfaches
komplexer und so leicht nicht zu heilen. Ein Bewohner, der nur, um
"sein Gesicht zu wahren"
Zugestaendnisse macht, ist nicht therapiewillig.
Selbstverstaendlich schadet ein Entzug nicht, aber wenn Einsicht
und Wille nicht gegeben sind, wird der Patient zwar evtl die Therapie
erfolgreich ueberstehen, sobald er indes "zurueck ins Leben
kehrt" wieder rueckfaellig werden.
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| "Ach, das
ist doch nur
eine Schutzbehauptung, um die Leute im Haus zu behalten."
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Leider ist
es keine
Schutzbehauptung, sondern Erfahrungswert. Von 10 Bewohnern, die nach
einem Krankenhausaufenthalt nicht zurueckkehren, sondern nach einer
Therapie in ein suchtfreies Leben entlassen werden, werden 9
rueckfaellig. Bei den meisten bedeutet der Rueckfall, einen
Fall ohne Netz und Boden. Ohne die Betreuung und den Schutz durch die
Gemeinschaft des Hauses, finden sie sich am Anfang ihres Weges wieder.
Wohnung, Ueberforderung, Vereinsamung, Verwahrlosung. Dies
gekoppelt an das Gefuehl des Versagens und Scham laesst es
demjenigen, der rueckfaellig wurde, fast unmoeglich werden,
zurueckzukehren. Der Betroffene findet sich also nicht nur am
Anfang des Weges, sondern in einer fuer ihn als ausweglos
empfundenen Sackgasse wieder.
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| "...koennte
man nicht
sagen, aber der Versuch lohnt sich fuer den einen, der es schafft?"
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Menschen
sind keine Versuchstiere. Und die Chance auf
einen Entzug und ein suchtfreies Leben kann auch ohne Risiko eines
seelen- und gesundheitsgefaehrdenden Probelaufs angegangen werden.
Wie gesagt, wir arbeiten hier vorort sehr engmaschig.
Wenn bei einem
Bewohner in Kooperation von Psychologen, Hausarzt und Sozialbetreuer
Wunsch und Potential fuer eine Entgiftung mit anschliessender
Langzeittherapie festgestellt wird, werden umgehend alle Schritte
umgesetzt. |
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| "...und
wie sieht Eure
Unterstuetzung in ein suchtfreies Leben in der Praxis aus?"
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...wir
haben da kein
statisches Programm, dessen Punkte systematisch abgehakt werden,
sondern wir gehen indiviudell vor. Beispiel...
Uwe W. - Uwe W. kam vor vielen Jahren nach Haus "Sophie". Er litt an
den symptomatischen Folgeerscheinungen seiner Alkoholkrankheit ( Konsum
von taeglichen 2 Flaschen Schnaps und sieben Flaschen Bier):
Orientierungsstoerungen, eingeschraenkte Kritikfaehigkeit,
dezimierte Merkfaehigkeit, Korsakowsyndrom. Erst verlor er seinen
Job als Maler, dann verliess ihn seine Frau. Nachbarn wurden
aufmerksam, als tagelang kein Lebenszeichen aus der Wohnung des sonst
so lautstarken Nachbarns drang. Polizei und Feuerwehr wurden
alarmiert, die Wohnung geoeffnet. Der bewusstlose Uwe W wurde
in einer Wohnung vorgefunden, in der der Teppichboden durch
knoechelhohen Kot, sowie diverse Tetrapacks und Flaschen nicht mehr
auszumachen war. Waerend seines Krankenhausaufenthaltes
(Entgiftung) bemuehten sich die Sozialarbeiter den durch den
Wohnungsgeber fristlos Gekuendigten an einer adaequaten Stelle
unterzubringen. So wurde Uwe W Bewohner von Haus "Sophie".
...das erste Jahr tat er sich sehr schwer, wirkte trotz der
Sozialbetreuung nicht einsichtig, war abgaengig und nach Tagen der
Abgaengigkeit erfolgten Anrufe aus Krankenhaeusern, Herr W sei
im volltrunkenen Zustand eingeliefert worden.
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| "Das ist
doch ein Beispiel, dass Eure Haeuser nichts bewirken?"
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...natuerlich
war zu der Zeit der Zustand des Herrn W. keiner, den wir als optimal
empfanden, aber immerhin befand er sich unter Sozialbetreuung, so dass
der Erhalt seiner Leistungen, wie auch Mietzahlung und damit
Unterbringung weiter gesichert war. Desweiteren erhielt er Pflege und
auch seine Versorgung war gewaehrleistet. Aber dieses
Sicherheitsnetz ist ja noch nicht alles, wenn auch schon sehr viel,
wenn man sich vor Augen fuehrt, dass sich sein Schicksal sonst
wiederholt haette.
Die zustaendigen Sozialbetreuer bemuehten sich wiederholt
in Gespraechen mit Herrn W ihn zur Einsicht in sein fuer ihn
destruktives Verhalten zu bringen. Nach einem weiteren Rueckfall
und einer weiteren Entgiftung nahm Herr W in Begleitung eines
Sozialbetreuers Termine bei der Suchtberatung war. Es folgte eine
ambulante Therapie. Heute, drei Jahre spaeter ist Herr W trocken.
In Unterstuetzung mit dem Sozialbetreuer wurde von einem Jahr
eine Anzeige formuliert, in der Herr W. seine Arbeitskraft zur
Verfuegung stellte. Ein verstaendnisvoller Arbeitgeber schenkte
Herrn W. die Chance und sich damit einen dankbaren Arbeitnehmer, der
bis zum heutigen Tage dieser Arbeit drei Stunden taeglich
zuverlaessig nachkommt. Herr W. moechte nirgendwo anders als in
Haus "Sophie" untergebracht werden. Wenn man ihn nach dem "Warum"
fragt, dann antwortet er: "Weil hier die Leute sind, wie ich selber mal
war und ich weiss, wie man ihnen helfen kann. Ich fuehle mich
hier wohl. Haus "Sophie" ist mein Zuhause." Sie koennen Herrn W.
gerne selber dazu befragen..! Uebrigens ist er mittlerweile auch
schon fast ein Mitarbeiter von uns, denn er hilft die Feste zu
organisieren....
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| Ihr feiert
Feste?
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Ja,..
unser Freizeitangebot fuer die Bewohner erstreckt sich ueber
Fruehlingsfest, Sommerfest, Konzerte, diverse Workshops,
in denen gemalt, gebastelt wird bis hin zu Gesellschaftspielen, Skat-
und Boccia-Turnieren. Manches ergibt sich spontan auf Vorschlaege
von den Bewohnern hin und wird dann in Unterstuetzung durch die
Sozialbetreuer realisiert.
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| ...wenn
man das alles so hoert, moechte man glatt bei Euch einziehen.
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Kein
Problem... wir sind jederzeit fuer alles und jeden offen!
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